HAAGER ÜBEREINKOMMEN ÜBER ASPEKTE DER INTERNATIONALEN KINDESENTFÜHRUNG
Der Artikel befasst sich mit der Stellung und Bedeutung des Haager Übereinkommens über die Zuständigkeit, das Recht und die Maßnahmen in Bezug auf das Entführen von Kindern (das „Übereinkommen“) vom 25. Oktober 1980 im türkischen und deutschen Strafrecht, dem Verfahren zur Rückführung eines ins Ausland entführten Kindes an seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort und dem Verhältnis des Übereinkommens zu anderen internationalen Übereinkünften.
Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit internationaler Kindesentführung und der Rückführung entführter Kinder an ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort sind Gegenstand dieses Übereinkommens.
Heutzutage kommt es immer häufiger vor, dass Menschen unterschiedlicher Nationalitäten Familien gründen. Leider enden einige dieser Ehen in Scheidung. Im Falle einer Scheidung entziehen Eltern dem anderen Ehepartner nicht nur das Sorgerecht, indem sie ihre Kinder in ihr Heimatland entführen, sondern hindern ihn auch daran, das Kind zu sehen.
Gemäß dem Übereinkommen kann die Straftat, die Eltern begehen, die ihre Kinder in ihr Heimatland mitnehmen, nicht mit der Straftat der Kindesentführung im Strafrecht gleichgesetzt werden. Tatsächlich handelt die Mutter oder der Vater nicht gegen den Willen des Kindes. Das Übereinkommen befasst sich nicht mit strafrechtlichen Sanktionen in Fällen von Kindesentführung. Strafrechtliche Sanktionen bleiben den jeweiligen Strafrechtsordnungen der Länder überlassen. Diese Frage wird später im Vergleich zwischen dem türkischen und dem deutschen Strafrecht untersucht.
Allgemeiner Inhalt des Übereinkommens
Das Haager Übereinkommen wurde am 25. Oktober 1980 auf der 14. Haager Konferenz unterzeichnet. 79 an der Konferenz teilnehmende Länder unterzeichneten das Übereinkommen und wurden Vertragsparteien. Anschließend unterzeichneten 24 weitere Länder das Übereinkommen und wurden Vertragsparteien. Derzeit sind insgesamt 104 Länder Vertragsparteien des Übereinkommens.
Zunächst definiert Artikel 1 des Übereinkommens den Geltungsbereich des Übereinkommens. Demnach ist Gegenstand des Übereinkommens die Lösung von Problemen, die sich aus der internationalen Kindesentführung ergeben.
Gemäß Artikel 1 des Übereinkommens muss ein entführtes Kind unverzüglich an seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort und an den Ort zurückgebracht werden, an dem es gewöhnlich gelebt hat (gewöhnliche Aufenthaltsort). Der wichtigste Faktor für die Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthaltsorts eines Kindes ist der Ort, an dem das Kind zuvor ununterbrochen gelebt hat.
Der wichtigste Zweck der Rückführung eines Kindes an seinen gewohnten und früheren Aufenthaltsort besteht darin, dass (i) die Gerichte des Landes, in dem das Kind zuvor gelebt hat, über das Sorgerecht für das Kind entscheiden sollten. Nur diese Gerichte können unparteiisch, fair und zügig entscheiden, ob das Kind in der Obhut eines Elternteils verbleibt. (ii) Die Gerichte sollten sicherstellen, dass das Kind den Scheidungsprozess seiner Eltern mit möglichst geringem Schaden übersteht.
Der wichtigste Faktor, der hier zu berücksichtigen ist, ist der Zeitrahmen. Die Rückgabe des Kindes muss beantragt werden, bevor es sich an das soziale und kulturelle Leben des Landes, aus dem es entführt wurde, gewöhnt hat. Andernfalls wird die Rückgabe des Kindes noch schwieriger.
Die Artikel 1 bis 5 des Übereinkommens definieren den Geltungsbereich des Übereinkommens.
Artikel 3 betont die Umstände, unter denen die Verbringung und Zurückhaltung eines Kindes in ein anderes Land rechtswidrig ist.
Das Land des gewöhnlichen Aufenthalts ist das Land, das das Rückführungsverfahren für das Kind durchführt. Gemäß Artikel 4 des Übereinkommens muss das Land des gewöhnlichen Aufenthalts die Verwaltungs- und Justizbehörden des Landes, aus dem das Kind entführt wurde, um die Rückführung ersuchen. Außerdem heißt es darin, dass das Übereinkommen nicht auf Kinder über 16 (sechzehn) Jahren angewendet werden kann.
Strafrechtliche Sanktionen für Kindesentführung im deutschen und türkischen Strafgesetzbuch
Das Delikt der Kindesentführung wird im türkischen und deutschen Strafrecht durch unterschiedliche strafrechtliche Sanktionen geregelt. Ein Vergleich der beiden Strafgesetzbücher und die Ermittlung der Unterschiede helfen uns, die Bedeutung der Kindesentführung zu verstehen, die das Übereinkommen verhindern will.
Betrachtet man zunächst die Bedeutung des Begriffs „Entführung”, so bezieht sich dieser auf die Verbringung eines Minderjährigen gegen den Willen seiner Eltern, seines Vormunds oder der Person, die für ihn sorgt, an einen anderen Ort und die Unterstellung unter den Einfluss und die Kontrolle des Entführers. Entführung ist die Handlung, eine Person unter physischem oder psychischem Einfluss einer anderen Person gegen ihren Willen zu zwingen, sich von einem Ort an einen anderen zu begeben. Der wichtige Punkt hierbei ist, dass eine Person gewaltsam und gegen ihren Willen an einen anderen Ort gebracht wird.
Das Delikt der Entführung und Freiheitsberaubung von Kindern ist im deutschen Strafgesetzbuch („StGB“) in § 235/I StGB geregelt. Demnach werden Täter, die Personen unter 18 (achtzehn) Jahren mit Gewalt und Zwang aus ihrer Familie oder von ihren Erziehungsberechtigten entführen, mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Gemäß § 235/II StGB wird ein Kind, das seinen Eltern, Erziehungsberechtigten oder Betreuern entführt und ins Ausland verbracht wird oder das mit der Absicht begangen wird, das Kind nach der legalen Verbringung ins Ausland festzuhalten, mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf (5) Jahren oder einer Geldstrafe bestraft, wie im ersten Absatz festgelegt.
Artikel 235/4 StGB sieht außerdem vor, dass die Strafe verschärft wird, wenn die Entführung den Tod oder eine schwere Verletzung des Kindes zur Folge hat.
Die Fälle der Kindesentführung ins Ausland, die Gegenstand des Übereinkommens sind, oder der Versuch, ein Kind nach der legalen Verbringung ins Ausland (z. B. für den Urlaub) festzuhalten, werden im StGB als strafrechtliche Sanktionen behandelt.
Im Gegensatz dazu bestimmt Artikel 235/4 des TCK Artikel 234, dass ein Kind unter 16 (sechzehn) Jahren, das von einem Elternteil oder Erziehungsberechtigten, einem Elternteil, dem die elterliche Sorge entzogen wurde, oder einem Blutsverwandten bis zum dritten Grad entführt oder festgehalten wird, zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu einem Jahr verurteilt wird.
Wurden die Tatbestände jedoch mit Gewalt begangen oder ist das Kind jünger als 12 (zwölf), erhöht sich die Strafe um den Faktor eins.
Das TCK hat das grundlegende Ziel des Übereinkommens, nämlich die Straftat der Entführung von Kindern durch Familienangehörige ins Ausland, geregelt und damit die Umsetzung des Übereinkommens in unserem Land erleichtert. Im Rahmen des Übereinkommens und des TCK darf die Mutter oder der Vater das Kind nicht ins Ausland entführen oder dort zurückhalten, bevor das Sorgerechtsverfahren abgeschlossen ist.
Beim Vergleich zwischen dem ACK und dem TCK fällt als erster Unterschied auf, dass das Kind im ACK das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben darf. Im TCK hingegen ist diese Altersgrenze auf 16 Jahre festgelegt. Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass im ACK keine Untergrenze für Straftäter festgelegt ist. Im TCK hingegen ist eine Mindeststrafe von drei Monaten vorgesehen. Schließlich wird im ACK die Tötung oder Verletzung des Kindes während der Entführung als strafverschärfender Umstand angesehen. Im TCK § 234 wird jedoch nicht auf die Tötung oder Verletzung des Kindes eingegangen.
Sorgerecht für das entführte Kind
In Artikel 8 des Übereinkommens ist das Verfahren zur Rückführung des entführten Kindes in das Land seines gewöhnlichen Aufenthalts geregelt. Das Ziel der Rückführung des Kindes ist es, das Kind in das Land zurückzuschicken, in dem es sein soziales Leben führt. Auf diese Weise wird das zuständige Gericht am gewöhnlichen Aufenthaltsort des Kindes die Sorgerechte der Eltern prüfen und bewerten. Das Übereinkommen enthält keine Regelung darüber, wem das Sorgerecht übertragen wird. Das Übereinkommen zielt lediglich darauf ab, dass international entführte Kinder in das Land zurückgebracht werden, in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.
Die Frage, welcher Person das Sorgerecht übertragen wird, liegt vollständig im Ermessen der zuständigen Gerichte und der für diese Gerichte geltenden nationalen Rechtsvorschriften.
Die im Rahmen des Übereinkommens getroffene Entscheidung über die Rückgabe des Kindes hat keinen Einfluss auf die Entscheidung des für den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes zuständigen Gerichts über das Sorgerecht.
Die Bestimmung des zuständigen Gerichts erfolgt gemäß Artikel 1 der Verordnung über internationales Familienrecht („Verordnung”). In Artikel 11 Absatz 1 Nummer 4 der Verordnung ist festgelegt, dass das zuständige Gericht das Familiengericht am gewöhnlichen Aufenthaltsort des Kindes ist.
Voraussetzungen für die sofortige Rückgabe eines entführten Kindes
1. Antrag auf Rückgabe gemäß Artikel 8 des Übereinkommens
Zunächst wird gemäß Artikel 8 des Übereinkommens ein Antrag auf Rückgabe gestellt. In dem Antrag sind die Personalien des Kindes und die Adressen anzugeben, unter denen es sich im Entführungsland aufhalten könnte. Der Antrag kann auch von den zuständigen Behörden des Landes, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder von der höchsten Behörde eines anderen Mitgliedstaats gestellt werden. Die für die Umsetzung des Übereinkommens in unserem Land zuständige Behörde ist das Justizministerium („Ministerium“). Das Ministerium nimmt diese Aufgabe über die örtlichen Staatsanwaltschaften wahr. Die Rückführung eines Kindes, das unrechtmäßig aus der Republik Türkei entführt wurde, wird von den Staatsanwaltschaften durchgeführt. Nachdem die Staatsanwaltschaften die für den Antrag erforderlichen Unterlagen zusammengestellt haben, leiten sie diese an das Ministerium weiter, damit sie an das Land, in das das Kind entführt wurde, weitergeleitet werden können.
Die Behörde, die den Antrag erhält, leitet ihn unverzüglich an die zuständige Behörde des Landes weiter, in dem sich das Kind befindet.
Gemäß Artikel 15 des Übereinkommens können die Behörden des Landes, in dem sich das Kind befindet, einen Nachweis darüber verlangen, dass sich das Kind unrechtmäßig in diesem Land aufhält.
2. Notwendigkeit einer raschen Antragstellung
Die Notwendigkeit, unverzüglich einen Antrag auf Rückgabe des Kindes an das Land zu stellen, aus dem es entführt wurde, lässt sich wie folgt begründen:
Das Kind soll in das neue Land zurückgebracht werden, ohne dass es sich dort „fremd“ fühlt.
Es soll verhindert werden, dass das Kind den anderen Elternteil vergisst, von dem es getrennt ist.
Es soll verhindert werden, dass das Sorgerechtsverfahren im neuen Land verhandelt wird. In der Regel ist das Land, in das das Kind entführt wurde, das Heimatland des Entführers. Es ist nicht zu übersehen, dass es für die Person, die die Rückgabe des Kindes beantragt, sehr schwierig sein wird, ihre Rechte in einem fremden Land zu verteidigen, und dass sie Schwierigkeiten haben wird, sich an das Rechtssystem des fremden Landes anzupassen. Dabei handelt es sich nicht nur um rechtliche Schwierigkeiten, sondern auch um sprachliche und kulturelle Schwierigkeiten. Unter Berücksichtigung all dieser Faktoren würde die Einleitung eines Sorgerechtsverfahrens in dem Land, in das das Kind entführt wurde, gegen den Grundsatz eines fairen und unparteiischen Verfahrens verstoßen.
In Artikel 11 des Übereinkommens ist festgelegt, dass die zuständigen Behörden aller Vertragsstaaten unverzüglich Maßnahmen ergreifen müssen, damit das entführte Kind in das Land zurückkehren kann, in dem es seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
Die angerufene Justiz- oder Verwaltungsbehörde muss innerhalb von sechs (6) Wochen eine Entscheidung treffen. Wird diese Frist nicht eingehalten, können die Behörden des antragstellenden Landes die Behörden des anderen Landes nach den Gründen für die Verzögerung fragen und entsprechende Unterlagen anfordern.
3. Frist
Gemäß Artikel 12 Absatz 2 des Übereinkommens können die zuständigen Behörden auch dann die Rückgabe des Kindes aus dem Entführungsland beantragen, wenn seit der Entführung des Kindes in ein anderes Land bereits ein Jahr vergangen ist. Dieser Antrag kann jedoch abgelehnt werden, wenn das Kind an seinem neuen Wohnort seine Grundbedürfnisse decken kann. Damit sind Situationen gemeint, in denen das Kind einen Freundeskreis aufgebaut hat oder zur Schule geht. Das eigentliche Ziel besteht darin, das Kind nicht aus seinem Lebensumfeld zu reißen. Dieser Artikel des Übereinkommens zielt darauf ab, die Zukunft und die Psyche des Kindes zu schützen.
4. Gründe für die Ablehnung eines Rückgabeantrags
Wie bereits erläutert, kann die Behörde, bei der der Antrag gestellt wurde, diesen Antrag gemäß Artikel 12 des Übereinkommens ablehnen.
Gemäß Artikel 13 und 20 des Übereinkommens muss die Behörde, die den Antrag ablehnt, die Gründe für diese Entscheidung darlegen. Justiz- und Verwaltungsbehörden können trotz Ablehnung ihres Antrags gemäß Artikel 18 erneut die Rückgabe des Kindes beantragen.
Die Ablehnung des Antrags muss aus folgenden Gründen begründet werden:
Die Person oder Einrichtung, die das Sorgerecht für das Kind hat, hat ihre Pflichten nicht erfüllt oder hat der Ausreise des Kindes in ein anderes Land zugestimmt, ohne dass es das Land verlassen hat oder nachdem es das Land verlassen hat.
Wenn die Rückgabe des Kindes zu einer Situation führen würde, die die körperliche oder psychische Gesundheit des Kindes gefährdet, kann die zuständige Justiz- oder Verwaltungsbehörde den Antrag auf Rückgabe des Kindes ablehnen. Behauptungen über physische und psychische Gefahren für das Kind müssen von dem zuständigen Gericht festgestellt werden.
Gemäß Artikel 20 des Übereinkommens kann ein Antrag auf Rückgabe auch abgelehnt werden, wenn die Menschenrechte und Freiheiten des Kindes in dem Land, in das es zurückgegeben werden soll, unzureichend sind oder diese Rechte nicht geschützt werden können.
Das Verhältnis des Übereinkommens zu anderen internationalen Übereinkünften
Das Übereinkommen stützt sich zwar nicht auf andere internationale Übereinkünfte, erkennt jedoch alle nationalen und internationalen Übereinkünfte an, die seine Anwendung ermöglichen.
Daher ist es für das Verständnis der Bedeutung und Anwendung des Übereinkommens hilfreich, das Verhältnis zwischen dem Übereinkommen und anderen internationalen Übereinkünften zu untersuchen.
Europäische Menschenrechtskonvention
Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention („EMRK“) ist eine Bestimmung, die die Anwendung des Übereinkommens unterstützt. Die Rückgabe eines entführten Kindes fällt ebenfalls unter Artikel 8 der EMRK.
Internationale Kindesentführungen werden auch durch die Normen der Konvention der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes („UN-Kinderrechtskonvention“) geregelt. Der wichtigste Punkt hierbei ist, dass die Staaten bei Anträgen auf Rückgabe eines Kindes die für das entführte Kind und seine Eltern bestmögliche Entscheidung treffen. Bei der Entscheidungsfindung durch Justiz- und Verwaltungsbehörden muss in erster Linie das Wohl und die Sicherheit des Kindes berücksichtigt werden. Außerdem muss sorgfältig über die verfassungsmäßigen Rechte und Freiheiten in dem Land nachgedacht werden, in das das Kind zurückgebracht werden soll. Andernfalls darf nicht vergessen werden, dass dem Kind irreparable Schäden entstehen können.
Aus diesem Grund ergänzen sich die EMRK und das Übereinkommen und können zusammen angewendet werden.
Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes
Das UN-Kinderrechtskonvention wurde von der Generalversammlung der Vereinten Nationen zum Schutz der Rechte des Kindes ausgearbeitet und nach einer Abstimmung in der Generalversammlung angenommen. Dieses Übereinkommen trat am 2. September 1990 in Kraft.
Die UN-Kinderrechtskonvention definiert das Kind als „unabhängiges und wertvolles“ Wesen. Diese Konvention befasst sich mit dem Schutz des Kindes und den dafür erforderlichen Maßnahmen. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, im Rahmen der UN-Kinderrechtskonvention die erforderlichen Maßnahmen und Vorkehrungen zum Schutz der Kinderrechte zu treffen. Die Konvention ist international verbindlich.
In diesem Zusammenhang erleichtert die UN-Kinderrechtskonvention die Anwendung des Haager Übereinkommens über internationale Kindesentführung und unterstützt dieses Übereinkommen.
Allerdings besteht die Möglichkeit, dass der im Vorwort der UN-Kinderrechtskonvention enthaltene Grundsatz, wonach die Wünsche des Kindes stets Vorrang haben, die Anwendung des Übereinkommens erschwert. Denn auch wenn das Kind nicht zurückgeführt werden möchte, kann es in das Land zurückgeführt werden, in dem sich sein gewöhnlicher Aufenthalt befindet. Dies steht im Widerspruch zur UN-Kinderrechtskonvention. Denn das UN-Übereinkommen stellt die Wünsche und Bedürfnisse des Kindes in den Vordergrund und schreibt vor, dass entsprechend diesen Wünschen und Bedürfnissen gehandelt werden muss.
Die Notwendigkeit der Rückführung des Kindes in das Land seines gewöhnlichen Aufenthalts dient nicht dem Schutz der Rechte der Mutter oder des Vaters, sondern soll verhindern, dass das Kind aus seinem Lebensumfeld herausgerissen wird.
Das UN-Übereinkommen sieht eine Altersgrenze von 18 (achtzehn) Jahren vor. Für Personen, die die Geschäftsfähigkeit erlangt haben, kommt die Anwendung der UN-Kinderrechtskonvention jedoch nicht in Frage. Da in einigen Ländern die Geschäftsfähigkeit bereits früher erlangt wird, kann die UN-Kinderrechtskonvention bei Rechtsverletzungen nicht angewendet werden. Demgegenüber kann das Haager Übereinkommen über internationale Kindesentführung bis zum 16. Lebensjahr des Kindes angewendet werden. Die Tatsache, dass das Kind die Geschäftsfähigkeit früher erlangt, hat keinen Einfluss auf die Gültigkeit des Übereinkommens.
In Deutschland ist die Wirkung des BMÜH jedoch recht begrenzt. Dieses Übereinkommen enthält lediglich die Verbindlichkeit internationaler Verträge, wird jedoch nicht angewendet.
Verordnung (EG) Nr. 2201/2003
Die Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 („Verordnung“) regelt die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Familiensachen, die Bestimmung der zuständigen Gerichte und die Verantwortlichkeiten der Familienmitglieder in Rechtsstreitigkeiten.
Die Verordnung gewährleistet den Schutz des Kindes innerhalb der Grenzen der Europäischen Union und zielt darauf ab, dass das Kind regelmäßigen und persönlichen Kontakt zu seinen Eltern hat. Das Recht des Kindes, während des Verfahrens seine persönliche Meinung zu äußern, wird durch diese Verordnung ebenfalls geschützt.
Die Verordnung wird zur Verhinderung von Kindesentführungen innerhalb der Grenzen der Europäischen Union angewendet. Darüber hinaus füllt die Verordnung die Lücken des Haager Übereinkommens. Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Haager Übereinkommen und der Verordnung hat die Verordnung Vorrang.
Haager Übereinkommen zum Schutz von Minderjährigen
Das Übereinkommen zum Schutz von Minderjährigen („KKS“) wurde am 5. Oktober 1961 geschlossen.
Das KKS regelt den Schutz der Persönlichkeitsrechte und des Vermögens minderjähriger Kinder. Bei deren Schutz werden unter Beachtung der Regeln des öffentlichen und privaten Rechts die Rechtsbeziehungen des Kindes zu seiner Familie geregelt.
Die Rückführung entführter Kinder fällt ebenfalls in den Anwendungsbereich des KKS. Das KKS findet jedoch nur bei Kindesentführungen innerhalb der Mitgliedstaaten Anwendung.
Das Übereinkommen ergänzt die Lücken des KKS. Darüber hinaus hat es Vorrang bei der Anwendung in den Bereichen, die unter das Übereinkommen fallen.
Europäisches Übereinkommen über das Sorgerecht
Das Europäische Übereinkommen über das Sorgerecht („Übereinkommen”) trat am 20.5.1980 in Kraft. Die Umsetzung dieses Übereinkommens in unserem Land hat jedoch einige Zeit in Anspruch genommen. Das Übereinkommen regelt die Anerkennung und Vollstreckung von Sorgerechtsentscheidungen, die von Justiz- und Verwaltungsbehörden getroffen wurden.
In jedem Fall internationaler Kindesentführung ist das Übereinkommen vor dem Übereinkommen anzuwenden. Vorrang hat das Haager Übereinkommen über Kindesentführung.
Das Übereinkommen regelt jedoch nicht die Anerkennung und Vollstreckung von Sorgerechtsentscheidungen, die von Justiz- und Verwaltungsbehörden getroffen wurden.
Bei Betrachtung des Übereinkommens und des Abkommens lässt sich leicht feststellen, dass beide dasselbe Ziel verfolgen und bei Streitigkeiten gemeinsam angewendet werden können.
Fazit
Einige Ehen, die zwischen Bürgern verschiedener Länder geschlossen werden, enden mit einer Scheidung. Infolgedessen kommt es zwischen den Eltern zu Streitigkeiten über das Sorgerecht für das Kind. Um diese Streitigkeiten beizulegen, wird das Kind vom anderen Elternteil entführt und in das Heimatland der Mutter oder des Vaters gebracht. Dadurch werden jedoch die Rechte des anderen Elternteils, wie das Recht auf Umgang mit dem Kind und das Sorgerecht, verletzt. Genau an dieser Stelle greift das Übereinkommen und betont, dass das Kind an den Ort zurückgebracht werden muss, an dem es lebt und an den es gewöhnt ist. Das Sorgerecht für das Kind fällt nicht in den Geltungsbereich des Übereinkommens. Streitigkeiten über das Sorgerecht werden dem zuständigen Familiengericht am gewöhnlichen Aufenthaltsort überlassen.
Der wichtigste Punkt bei Rückführungsverfahren ist, dass unverzüglich nach der Entführung des Kindes ins Ausland ein Antrag auf Rückführung aus dem Entführungsland gestellt werden muss.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass internationale Abkommen und Verträge sich gegenseitig ergänzen und ihre Mängel ausgleichen. Darüber hinaus sorgen sie dafür, dass auch die nationalen Gesetze in dieser Richtung angepasst werden.
Av. Dr. Anıl Coşkun, LL.M.
LLM Johannes Gutenberg Universität in Mainz/
Johann Wolfgang Goethe Universität Frankfurt Am Main
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